5. März 2015

Auf Spurensuche im wilden Osten

Landolf Scherzer, Immer geradeaus,
Aufbau Verlag, Berlin, 2010
Kürzlich habe ich den aufschlussreichen Wanderreisebericht Immer geradeaus des 1941 in Dresden geborenen Schriftstellers Landolf Scherzer gelesen. Geplant war ursprünglich eine Fahrt mit Traktor und Wohnwagen durch sieben osteuropäische Länder. Wegen technischer Probleme gab das Fahrzeug bereits vor dem Erreichen Ungarns den Geist auf, weshalb sich der Autor kurzentschlossen zu Fuss und mit seinem alten Tramperrucksack auf eine mitunter abenteuerliche Reise durch Ungarn, Kroatien, Serbien und Rumänien aufmachte. In knapp fünf Wochen legte Scherzer 500 Kilometer zurück und lernte zahlreiche Menschen und ihre Geschichten kennen, die er in gekonntem Reportage-Stil zu Wort kommen lässt. Der Bericht zeigt auch unmissverständlich auf, wie sich die Länder nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und im Falle von Serbien und Kroatien nach Kriegsende entwickelt haben. Dem Leser werden Landstriche, Dörfer und vor allem Menschen vor Augen geführt, die, gezeichnet von der neueren Geschichte, ein ärmliches aber dennoch gastfreundliches Bild abgeben. Weil in all den Ländern einst nicht wenige Deutsche siedelten, machte sich Landolf Scherzer auch auf die Spurensuche nach seinen Landsleuten – vornehmlich Auswanderer aus dem Schwabenland. Die spannenden Einblicke in das Leben dieser Leute macht das vom Autor spontan umgesetzte und beeindruckend in Worte gefasste Unterfangen zu einem gehobenen Lesegenuss für Reiseliteraten.

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